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Die TWENTY |20 Story. Ohne Vertrauen geht’s nicht!

NEW WORK - Wie ein kleines IT-Unternehmen aus dem Rheinland den Menschen in den Mittelpunkt stellte und sich dabei völlig neu erfand.

„Den Stein ins Rollen gebracht hat ein einfaches: "Sag mal ja"“, erinnert sich Franz Crtalic. „Damals, im Jahr 2014, standen plötzlich zwei Kollegen im Türrahmen, um mir von einer Idee zu erzählen. Die Folge war ein intensiver Veränderungsprozess, der rückwirkend betrachtet die komplette Firma umgekrempelt hat.“

Zum damaligen Zeitpunkt war TWENTY |20 noch ein reines SAP-Beratungshaus. Franz Crtalic und drei weitere Partner gründeten das Unternehmen, nachdem sie sich aus einem gemeinsamen Kundenprojekt kennengelernt hatten. Es folgten die ersten Mitarbeiter, die ebenfalls in SAP-Projekten untergebracht wurden. Man arbeitete zwar in der gleichen Firma, das war aber zunächst nur durch Umsatzvergleiche auf dem Papier zu erkennen. „Es gab genug zu tun und jeder arbeitete verstreut über Deutschland in verschiedenen Projekten. Das Klima der persönlichen Treffen war geprägt von Effizienzdenken und es gab wenig Raum für Dialoge auf Augenhöhe oder den Austausch von Bedenken. Das fühlte sich irgendwann einfach nicht mehr gut an“, erinnert sich Sebastian Krebs, der als erster neuer Mitarbeiter zum Unternehmen kam.

Die Idee, welche damals im Raum stand, trug den Namen "Culture Camp". "Wir wollten erlebbar machen, wie wir uns ein Miteinander im beruflichen Kontext eben auch vorstellen konnten - mit dem Menschen im Mittelpunkt und dem Ziel, glücklich zu sein." Alle Mitarbeiter, die zu dieser Zeit neu zur TWENTY |20 kamen, hatten Erfahrungen in großen Beratungsunternehmen. Man hat sich jedoch bewusst für ein kleineres Unternehmen entschieden, welches offensichtlich auch etwas anders tickte. "Wir spürten einfach, dass wir sowas machen müssen um an dieser Stelle weiter zu kommen“, sagt Lukas Ott rückblickend, auch er war einer der ersten Mitarbeiter. "Die meisten von uns hatten keine Lust mehr, eine Nummer zu sein und wochenlang aus dem Rollkoffer zu leben. Diesen Weg nach dem Wechsel zur TWENTY |20 weiter zu gehen war da nur die logische Folge."

Die Gründer von TWENTY |20
Die 20/20 Vision
Das Gründerteam der 20/20 Consulting GmbH & Co. KG

Und so kam es, dass die komplette Belegschaft im März 2014 für eine Woche lang in ein Selbstversorgerhaus ins Sauerland gefahren ist. Der thematische Schwerpunkt war die eigene Unternehmenskultur, mit dem Wunsch nach Klarheit, Orientierung und Commitment. Es wurden zehn "Core Values" als Leitsätze gemeinsam herausgearbeitet, die bis heute als Basis für das gemeinsame Arbeiten und Leben in der TWENTY |20 dienen. Jeder dieser Grundwerte geht dabei vom Menschen aus und bemisst sich nicht etwa an Effizienz- oder Umsatzzielen. "Glücklich sein und Spaß an der Arbeit haben. Dies wollen wir nicht nur für uns, sondern auch in die Richtung unserer Kunden transportieren." fügt Lukas hinzu. "Neben der inhaltlichen Arbeit haben wir diese Woche aber auch privat miteinander verlebt. Gemeinsames Kochen, den Abwasch erledigen und am Abend noch ein Bier zusammen trinken. So haben wir uns nochmal auf einer ganz anderen Ebene kennengelernt, mit allen positiven wie negativen Aspekten. Und das hat uns richtig gutgetan." Seither findet das Culture Camp mindestens einmal, wenn möglich sogar zweimal im Jahr statt.

Die Stimmung nach dieser gemeinsamen Woche war von Euphorie geprägt und man spürte, dass man den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Neu war auch die Bezeichnung Familie. "Bei allem Kitsch, den dieser Begriff mit sich bringt, drückt er doch aus, wie wir miteinander leben und agieren möchten. Dabei sind starke persönliche Beziehungen zwischen den Menschen bei uns ausdrücklich gewollt", stellt Lukas klar. Neben dem Culture Camp, dass die Weiterentwickelung der eigenen Unternehmenskultur im Fokus hat, gibt es monatliche Treffen, die Face2Face Meetings. "Wir kommen dann aus allen Ecken von Deutschland zusammen, um uns auszutauschen und den Tag miteinander zu verbringen." Im Rahmen von Open Space Sessions kann jedes Familienmitglied im Vorfeld Themen einbringen, die dann mit allen gemeinsam oder parallel in Kleingruppen behandelt werden. Weiterhin gibt es eine wöchentliche Videokonferenz, den Family Stand-Up, um kurzfristige Themen besprechen zu können.

"So haben wir uns nochmal auf einer ganz anderen Ebene kennengelernt, mit allen positiven wie negativen Aspekten. Und das hat uns richtig gutgetan."

Mit dem Wunsch, neue Menschen für die TWENTY |20 zu gewinnen, stellten sich auch neue Herausforderungen. "In klassischen Unternehmen werden die Stellen mit den Menschen besetzt, die unter fachlichen Aspekten am besten auf diese Stelle passen. Dies spielt bei uns natürlich auch eine Rolle, jedoch kommt die menschliche Passung als Komponente hier noch dazu. Harte Fakten wie Lebenslauf und Zeugnisnoten verlieren dadurch ihre Relevanz", erklärt Franz. Um dieser Tatsache gerecht zu werden, musste auch der eigene Rekrutierungsprozess überdacht werden. Zunächst konnte man neue Familienmitglieder aus den eigenen Netzwerken für das Unternehmen begeistern. Man arbeitete aber auch mit einem Personaldienstleister zusammen, der die besonderen Anforderungen verstand und entsprechende Menschen vorschlug. "Das Kennenlernen findet dann meistens im Rahmen unserer Face2Face-Meetings statt. So haben wir die Möglichkeit, einen Bewerber einen ganzen Tag lang zu erleben. Und natürlich gilt dies auch umgekehrt. Das Fachliche spielt dabei meist eine untergeordnete Rolle, das ergibt sich. Für uns geht es in erster Linie darum zu erkennen, ob ein neuer Mensch zu uns passt und wir die richtige Umgebung für ihn darstellen, um sich zu entfalten".

Beim Nachwuchs ist das Unternehmen ebenfalls schon untypische Wege gegangen. "Unser heutiger dualer Student ist schon seit der neunten Klasse ein Teil von TWENTY |20", erklärt Stephan Weck, der damals den Kontakt zu ihm herstellte. "Durch meine ehemalige Schule bin ich auf Sebastian aufmerksam gemacht worden. Wir haben ihn dann über mehrere Jahre im Rahmen eines bezahlten Langzeitpraktikums parallel zur Schule begleitet." Er konnte eigenverantwortlich ein internes Projekt vorantreiben und vielseitiges Wissen und praktische Erfahrungen sammeln. Heute absolviert er mit TWENTY |20 ein duales Informatikstudium.

Culture Camp 2016
Culture Camp 2014
Während unseres Culture Camps

Mit dem Gewinnen neuer Mitarbeiter sind auch neue Potentiale entstanden, die sich auf die Geschäftsbereiche des Unternehmens ausgewirkt haben. "Irgendwann kam einer unserer SAP-Kunden mit einer speziellen Anforderung auf uns zu. Wir dachten, klar können wir das auf Basis von SAP umsetzen, aber wenn wir hier eine individuelle Softwarelösung mit entsprechenden Schnittstellen bauen, hat der Kunde langfristig viel mehr davon. Zufälligerweise hatten wir gerade zuvor einen neuen Menschen mit Erfahrungen in der Softwareentwicklung zu uns geholt." erinnert sich Sebastian. "Dem Kunden gefiel unsere Idee und wir legten los. Seitdem hat unser Kunde nicht nur sehr viel Geld gespart, sondern wir auch eine neue Geschäftssparte erschaffen". Heute ist individuelle Softwareentwicklung neben Hosting und SAP eine der drei Säulen im Dienstleistungsportfolio von TWENTY |20. Überwiegend auf Basis der Programmiersprache Java entwickelt das Unternehmen individuelle Webplattformen mit zahlreichen Erweiterungsmöglichkeiten und Schnittstellen zu Fremdsystemen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch das visuelle Design. "Die Akzeptanz einer Software ist ganz erheblich von der Gestaltung abhängig. Unser Ziel, glücklich zu sein, projiziert sich damit auch in Richtung der Anwender unserer Produkte. Wir sind froh, dass wir auch hierfür die passenden Menschen mit entsprechendem Know-how für unser Software-Team gefunden haben", sagt Sebastian.

Aus den Anforderungen eines Kundenprojektes ist auch die Sparte des Hostings entstanden. "Individuelle Software benötigt nicht selten auch eine individuell anpassbare Infrastruktur um perfekt zu laufen. Da wir damals keinen entsprechenden Dienstleister finden konnten und eines unserer Familienmitglieder schon Erfahrungen auf diesem Gebiet hatte, haben wir eben selbst damit angefangen, Hosting zu betreiben. Mit allen Konsequenzen", erinnert sich Franz. Es wurden Server gekauft und mehrere Racks in einem großen deutschen Rechenzentrum angemietet. Was klein angefangen hat, ist in den vergangenen Jahren zum wichtigsten Geschäftsbereich herangewachsen. "Niemand hätte gedacht, dass individuelles Hosting für uns einmal so bedeutend wird und wir danken unseren Kunden für das große Vertrauen in uns. "Wir sind stolz, als kleiner Anbieter auf dem Markt konkurrenzfähig zu sein und im Bereich der hochindividuellen Angebote eine Nische gefunden zu haben. Wir betreiben zum Beispiel für einen großen deutschen Telekommunikationskonzern eine Komponente, die quasi von jedem Mobilfunkkunden dieses Anbieters genutzt wird, ohne zu wissen, dass wir dahinterstecken."

Lukas bereitet ein Rack vor
Ein Teil unserer Server
Einzug in unser erstes Rechenzentrum

Fasst man die drei Geschäftsbereiche SAP, Softwareentwicklung und Hosting zusammen, kommt heraus, was man bei TWENTY |20 unter ‚agiler IT‘ versteht. "Abgesehen von agilen Projektmanagementmethoden, die wir selbstverständlich auch einsetzen, verdeutlicht der Begriff unsere Art, unkompliziert an Dinge heranzugehen und dabei eine sehr enge und wertschätzende Beziehung zu unseren Kunden zu leben", sagt Stephan.

Dass ein solcher, mehrjähriger Veränderungsprozess nicht immer ohne Rückschläge verläuft, wird auch bei einer TWENTY |20 nicht erwartet. "Irgendwann haben mir meine drei Partner gesagt, dass sie die Entwicklungen nicht mehr mittragen und das Unternehmen verlassen möchten", berichtet Franz. "Das war für mich wie ein Schlag ins Gesicht." Aufhören stand für ihn jedoch nicht zur Diskussion. "Ich war überzeugt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befanden. Also habe ich die drei ehemaligen Partner mit erheblichem finanziellen Aufwand ausgelöst und bin seitdem alleiniger Inhaber des Unternehmens." Rückwirkend betrachtet hat das Ausscheiden der Partner die Weiterentwicklung von TWENTY |20 sogar noch beflügelt, ist er sich sicher. "Es gibt keine Trennung mehr zwischen dem Entscheiderkreis und den Mitarbeitern. Entscheidungen treffen wir gemeinsam und führen das Unternehmen kollegial. Zwar habe ich als Inhaber ein Vetorecht, dieses habe ich jedoch noch nie gebraucht."

Das Bekenntnis zu den eigenen Mitarbeitern zeigt sich auch im Unternehmenslogo. "Jeder von uns hat sein eigenes Logo", erklärt Sebastian. "In TWENTY |20 ist das WE enthalten und dieses wird handgeschrieben von jedem neuen Familienmitglied in unser Logo eingefügt. Das ist auch ein toller Einstieg um mit anderen Menschen über die TWENTY |20 ins Gespräch zu kommen."

"Vertrauen ist uns so wichtig, dass wir es zu unserem elften Core Value gemacht haben."

Damit das Ganze auch aus unternehmerischer Sicht funktioniert, braucht es neben dem fachlichen Know-how und der menschlichen Passung noch etwas anderes. "Ohne Vertrauen geht's nicht! Ich bin froh, dass wir gemeinsam eine Unternehmenskultur erschaffen haben, welche die Grundlage für dieses Vertrauen schafft", sagt Franz. "Jedes Familienmitglied denkt unternehmerisch und im Sinne der Gemeinschaft. Und wenn es sein muss, ist jeder von uns auch gerne bereit, die Extra-Meile zu gehen." Dabei spielt Vertrauen auch auf persönlicher Ebene eine wichtige Rolle. "Wir gehen offen und ehrlich miteinander um und stehen füreinander ein. Das geht nur durch gegenseitige Wertschätzung und entwickelt sich durch Zeit, die wir gemeinsam verbringen. Vertrauen ist uns so wichtig, dass wir es zu unserem elften Core Value gemacht haben."

So haben die Mitarbeiter von TWENTY |20 auch sehr viele Freiheiten. An den Stellen, an denen es in anderen Unternehmen klare Anweisungen und Vorgaben gibt, wird Eigenverantwortung gelebt. Abgesehen von den rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es beispielsweise keine festen Arbeitszeiten. Die Arbeit im Homeoffice ist der Normalzustand, wenn das Projekt nicht gerade ein Vorort sein beim Kunden bedarf. "Das ist bei uns nicht wie in manchen Internetunternehmen aus dem Silicon Valley, in denen Freiheit nur als Floskel missbraucht wird und dann doch die Erwartungshaltung da ist, dass Mitarbeiter mehr arbeiten als von ihnen gewollt wird", sagt Sebastian, der auch gerne mittags spontan eine Pause einlegt, um mit seiner Frau und den Kindern zusammen zu sein.

Stephan, Sebastian, Matthias und Christopher
Franz und Lukas
Vertrauen, Offenheit und Wertschätzung sind unsere DNA

Und auch für eigene Projekte und Ideen ist man offen. So hatte ein Familienmitglied Spaß an der Drohnentechnik und war gleichzeitig als ambitionierter Fotograf in der Lage, ansprechende Luftaufnahmen zu erstellen. Also wurde im Kollektiv entschieden, eine Drohne anzuschaffen und Luftaufnahmen als Nebenprojekt im Rahmen von TWENTY |20 anzubieten. "Das macht eine Menge Spaß und wirft sogar ein paar Euro ab, wobei dieser Faktor nicht im Fokus steht", weiß Stephan zu berichten. Ein anderes Beispiel ist das firmeneigene Webradio, welches spontan von einem anderen Familienmitglied eingerichtet wurde. "Jeder hört jeden Tag Musik bei der Arbeit. Wenn jemand Lust hat, seine Musik mit den anderen zu teilen, streamt er diese in Echtzeit auf unser internes Webradio und die anderen können zuhören."

Man ist sich bei TWENTY |20 einig, dass Veränderungsprozesse niemals abgeschlossen sind. "Wir haben keine Angst vor Veränderungen und sehen diese nicht als Gefahr. Für uns ist der Weg das Ziel", weiß Franz zu berichten. Das zeigt auch ein kürzlich eingetretenes Ereignis. Durch den zufälligen Kontakt zu einer Organisationsentwicklerin sind sie mit einigen theoretischen Grundlagen ihrer bisherigen Transformation in Berührung gekommen. "Mit orangen oder grünen Unternehmen haben wir uns vorher noch nicht befasst, und mit der integralen Theorie erstrecht nicht. Alle Entscheidungen und Entwicklungen kamen aus uns selbst heraus, ohne dass wir da eine theoretisch fundierte Basis hatten", sagt Franz. "Predige das, was du lebst. 'Walk the talk' nennen die Amerikaner das. Wir drehen es um zu 'Talk the walk.'" In Coachings, Vorträgen und Workshops können Kunden die Familienmitglieder von TWENTY |20 nun live erleben und Impulse aus unserer Geschichte mitnehmen. "Es geht nicht darum, genauso zu werden wie wir, denn jedes Unternehmen tickt ja anders. Ein bisschen davon reicht vielleicht schon, um auch einen ins Rollen zu bringen."